Sonntag, 26. August 2007

Ein Märchen: Entscheidung



Es war einmal eine Prinzessin, die in einem wunderschönen Schloss wohnte. Es war ganz aus weißem Marmor, geschmückt mit viel Gold und Silber. Riesengroß erstreckte es sich über eine gigantische Wiese, in der lauter bunte, einzigartige Blumen wuchsen. Viele Springbrunnen standen um das Schloss herum, und die Prinzessin spielte gerne im Garten. Ihr Bett war so weich wie man es sich nur vorstellen konnte, ihr Zimmer gab ihr so viel Platz wie sie brauchte. Sie bekam immer ihre Lieblingsspeisen, und musste nie hungern, außerdem wurde ihr jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Sie besaß die schönsten Kleider und den edelsten Schmuck, die teuersten Spielsachen und ihr wurde es nie langweilig. Sie führte ein wundervolles Leben. Ihre Eltern liebten sie sehr, und so fehlte es ihr an nichts.

Doch eines Tages wurden der König und die Königin in ein fernes Land gerufen. Dort gab es viele Weisenkinder, und weil die Königin und auch der König Kinder so liebten, fühlten sie sich berufen dort den Kindern zu helfen, die ja schließlich ganz arm waren und nichts hatten. Als die Prinzessin das hörte, war sie sehr traurig. „Aber Mama, Papa, ihr habt doch schon ein Kind, mich, warum wollt ihr den zu anderen Kindern?“, fragte sie. Ihre Eltern versuchten ihr zu erklären, dass sie lieber den anderen Kindern helfen wollten, und dass sie sich sonst ewige Vorwürfe machen würden. Und so ritten der König und die Königin in das ferne Land, und die kleine Prinzessin musste von nun an bei ihrer Tante wohnen.

Nun hatte sie kein Schloss mehr, keine teuren Kleider, keine vielen Spielsachen und sie konnte auch nicht jeden Tag ihre Lieblingsspeisen essen. Hinzu kam, dass ihre Eltern, die sie so sehr liebte, von ihr geritten waren. Das war der kleinen Prinzessin unverständlich.

So litt sie tagelang, der Verlust schmerzte das arme Mädchen fürchterlich. Gerade als sie dachte, sie würde nie wieder glücklich werden, bemerkte sie, wie lieb eigentlich ihre Tante war. Die Tante kümmerte sich Tag und Nacht um die kleine Prinzessin, und das fand die Prinzessin wirklich äußerst lieb. Obwohl sie noch immer sehr traurig war, ging sie, der Tante zu liebe, doch einmal nach draußen in den Park. Sie wusste zuerst nicht was sie denn nun spielen wollte, denn sie hatte ja nichts. Ihre Spielsachen waren alle im Schloss, und in den Schlossgarten konnte sie auch nicht. Doch dann lernte sie schnell Freunde kennen. Das war etwas total Neues für sie, denn im Schloss hatte sie niemanden außer ihren Eltern. Bald war sie wieder so glücklich wie vorher, wuchs heran und wurde eine große Prinzessin. Doch in ihr war immer noch der Wunsch wieder im Schloss wohnen zu können, denn dort war sie aufgewachsen, dort waren all ihre Sachen, und nur dort war sie Zuhause. Andererseits hatten sie ihre Eltern verlassen, und das schmerzte sich noch immer, obwohl sie mittlerweile deren Beweggründe schon etwas besser verstehen konnte.

Eines Tages, die Prinzessin las gerade ein Buch im Park, standen ihre Eltern wieder vor ihr. „Du bist aber groß geworden.“, sagten sie. „Wie hast du dich verändert! Eine richtige junge Dame bist du geworden!“ Doch ihre Eltern hatten sich auch verändert. Alt sind sie geworden, und viele Sorgenfalten waren auf ihren Gesichtern zu sehen. Die Prinzessin fragte, ob sie denn mit ihrer Arbeit im fernen Land fertig wären. Die Eltern verneinten, doch sie hatten so Sehnsucht nach der Prinzessin gehabt, dass sie es einfach nicht mehr länger aushielten, ohne sie zu sein. Am Anfang war die Prinzessin etwas irritiert, doch dann freute sie sich. Schnell waren sie wieder vereint ins Schloss gezogen, und führten ihr altes Leben wie gewohnt fort. Die Prinzessin hatte wieder ihre Kleider und alle ihre Wünsche wurden erfüllt.

Doch dann bekam sie Sehnsucht nach den Freunden die sie getroffen hatte, und dem Park, und ihrer Tante. Als sie den König und die Königin fragte, ob sie ihre Freunde und auch die Tante einladen dürfe, lachten diese nur und erwiderten: „Aber das haben wir doch noch nie! Das geht doch nicht, das weißt du doch! Du hast doch uns! Bist du nicht froh?“

Die Prinzessin war natürlich froh, doch wollte sie unbedient wieder einmal wieder raus zu ihren Freunden und ihrem Park. Nach drei Monaten versuchte sie noch mal nach draußen zu kommen, doch die Wachen ließen sie aus Sorge nicht durch.

So blieb sie in ihrem Schloss, aus weißem Marmor, bei ihren geliebten Eltern. Sie hatte die schönsten Kleider, und jeder Wunsch wurde von ihren Augen abgelesen… Doch so glücklich, wie sie als Kind war, konnte sie nicht sein.

Das bereitete ihr Kummer, und so setzte sie sich eines Tages an den Springbrunnen und dachte nach. Sie könnte weg laufen, in die Freiheit. Doch dann würde sie ihre Eltern nie wieder sehen. Obwohl, ihre Eltern waren ja auch schon einmal in die Ferne geritten. Doch eigentlich wollte sie das Schloss nicht verlassen, war es doch ihre Heimat. Trotzdem fühlte sie sich so einsam wie noch nie. Die Königin war doch aber immer für sie da… Sie konnte ihre Eltern nicht im Stich lassen! Denn diese, hatte sie wirklich sehr, sehr lieb.

So saß sie da, stundenlang, und wusste nicht was sie tun sollte.

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